Während ich diese Zeilen tippe, ist draussen ein wunderschöner Frühlingstag. Noch nicht richtig warm zwar, aber die Sonne scheint, die Vöglein zwitschern und ich bekomme zum ersten Mal seit längerem Lust auf ein richtiges Sommerbier.
Die Gose – mein Lieblingsbierstil
Ehrlich gesagt, ist es schon seit ein paar Stunden so sommerlich schön da draussen. Und genau so lange konnte ich mich nicht so richtig motivieren, mich an den Laptop zu hocken und einen Blogbeitrag zu schreiben über… ja, worüber eigentlich? Wenig Motivation und keine Idee. Aber jetzt, da ich Lust auf dieses Sommerbier verspüre und es sich so langsam konkretisiert, was für eines es dann sein soll, kommt nicht nur die Motivation (denn das Bier wird ja nicht jetzt getrunken, sondern erst dann, wenn der Beitrag fertig ist – als Belohnung, als Feierabendbier sozusagen) sondern auch die Inspiration. Ich schreibe über einen meiner absoluten Lieblingsbierstile: Die Gose.
Gewöhnungsbedürftig aber gewöhnungswert
Die Gose lernte ich vor vielen, vielen Jahren in Leipzig kennen. Ich fahre nämlich fast jährlich zu einem Musikfestival dort und da ich schon immer gerne Biere ausprobierte, musste ich diese lokale Spezialität natürlich ausprobieren. Auf den ersten Schluck war ich etwas überrascht. Zwar kannte ich bereits das belgische Geuze oder die Berliner Weisse, aber das hier war doch irgendwie neu. Auch sauer zwar, aber irgendwie auch ein bisschen würzig und im Abgang sogar leicht salzig. Komisch. Aber es wurde von Schluck zu Schluck immer leckerer und passte hervorragend zu meinem Salatteller. Über die Jahre hatte ich das vielleicht noch ein, zwei Mal, aber immer nur in Leipzig. Der Bierstil war nämlich kurz vor dem Aussterben und erst vor ein paar Jahren wurde er von der Craft-Bier-Szene wiederentdeckt, was ihm zu neuer Bekanntheit und Beliebtheit verhalf.
Um ein Haar wäre die Gose ausgestorben
„Erfunden“ wurde die Gose in der Stadt Goslar in der deutschen Harz. Der Fluss Gose, aus dessen Wasser sie gebraut wird, gibt dem Bier seinen Namen. Der Fluss, so wird erzählt, floss damals durch eine Saline, was das Wasser leicht salzig machte. Währen dem 30jährigen Krieg wurde die Produktion Schritt für Schritt Richtung Osten verlegt, bis sie um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Stadt Leipzig erreichte. Dort wurde die Gose, der man die Prise Salz nun beifügte, schnell ein Star unter den Bieren und erfreute sich grösster Beliebtheit. Zu ihrer grössten Zeit gab es im Raum Leipzig mehr als 300 Gose-Schenken. Allerdings mussten die Meisten davon, wie auch der Grossteil der Brauereien, während dem 2. Weltkrieg oder spätestens zum Kriegsende schliessen.
Craft-Breweries hauch der Gose neues Leben ein
1966 gab dann auch die letzte Brauerei auf, da der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag stand. Die Biertrinker hatten sich in der Zwischenzeit alle auf Pils festgelegt. Erst 17 Jahre später, 1983 wurde der Bierstil „Gose“ wiederbelebt und konnte ab 1991, nachdem eine weitere Brauerei sich dem Stil annahm, wenigstens lokal wieder Fuss fassen. Seit rund zehn Jahren ist er dank der Craft-Bier-Szene, die sich gerne historischen Bierstilen widmet, bei Bierkennern wieder eine feste Grösse. International braut und trinkt man die Gose nun auch in den USA. Aber auch überall sonst brauen Craft-Breweries gerne moderne Interpretationen der traditionellen Gose. Insbesondere durch Zugabe von Früchten oder Saft, was mir persönlich sehr gut gefällt. Frucht und Säure ist schon eine sehr gute Kombination.
Probieren lohnt sich
Aber dieser Bierstil ist nicht einfach nur ein Sauerbier. Die Gose ist so schön komplex, was ich an einem Bier besonders mag. Ausser Gerstenmalz kommt hier auch Weizenmalz zum Zuge, was ihr eine Ähnlichkeit zur Berliner Weisse verschafft. Das Bier wird obergärig vergoren, wobei eine spezielle Gose-Hefe zum Einsatz kommt, deren Nuancen im fertigen Bier schön durchschimmern. Die Säure entsteht übrigens durch eine zusätzliche Milchsäure-Gärung. Veredelt wird das Ganze, ausser mit etwas Salz, noch mit einer Prise Koriander. Die lange Reifung macht sie sehr ausgewogen. Also, wer sie nicht kennt und jetzt denkt: „Ui, das klingt aber komisch.“ möge die Gose bitte einmal probieren. Denn man kann den Charakter eines solchen Bieres beim besten Willen nicht beschreiben. Man muss es proBIERt haben.
Leicht, komplex und unheimlich lecker
Die Gose kommt mit ihren 4- 5% Alkoholvolumen nicht allzu schwer daher und hat doch einen schönen Körper bei einem erfrischenden Charakter. Sie ist süffig und passt wunderbar zum bereits erwähnten Salat und zu sahnigem oder blauschimmligem Käse. Aber vor allem eignet sie sich ganz wunderbar, um sie an einem noch nicht ganz warmen, aber sehr sonnigen Frühlingstag auf einer Bank im Garten, im Park oder sonst wo zu geniessen. Einfach so. Hmmmmm…
Und genau das werde ich nun tun – ich gönne mir eine Gose.
Goseanna! Wie die Gose-Kenner sagen, wenn sie mit einer Gose anstossen.