Ein paar Worte zum Thema Reinheitsgebot

So, hier ist er nun, der schon lange angedeutete Artikel zum Thema deutsches Reinheitsgebot.

„Als Reinheitsgebot wird seit dem 20. Jahrhundert die Vorstellung bezeichnet, dass Bier nur aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser hergestellt werden soll. Dabei wird auf verschiedene, zum Teil Jahrhunderte alte, Regelungen und Vorschriften Bezug genommen.“ So erklärt es Wikipedia. Die älteste Version davon, das Ur-Reinheitsgebot, wenn man so will, feierte vor vier Jahren sein 500-jähriges Bestehen und dieses Jubiläum nahm die Craftbier-Szene zum Anlass, das Ganze einmal etwas kritisch zu hinterfragen. Laut fragte sie sich, ob dieses Gebot nicht langsam überholt wäre und zwar in einer Fragestellung, welche die Antwort „Ja, na klar doch“ gleich implizierte. Und sie stiessen damit eine interessante Diskussion an.

500 Jahre… Genug?

Im Jubiläums-Jahr 2016 erschien die erste Ausgabe, des deutschen „Craft Beer“-Magazins und es provozierte auf dem Titel mit der Schlagzeile „500 Jahre sind genug!“ Die deutsche Nation wurde in zwei Lager gespalten. Zum einen in die Traditionalisten, die sehr wohl wissen, dass der gute Ruf, den das deutsche Bier weltweit geniesst, in ebendiesem Reinheitsgebot liegt, und zum anderen in die jungen Wilden, die immer wieder Neues ausprobieren und argumentieren, dass sich nach Reinheitsgebot nur langweilige Biere brauen liessen. Doch werfen wir kurz einen Blick in die Vergangenheit.

Seit 1516 gibt’s nur Wasser, Gerste und Hopfen

1516 wurde durch den bayerischen Landständetag eine vom Herzog vorgelegte Vorschrift verabschiedet, in der es hauptsächlich um die Preisgestaltung der Biere ging. Ein Absatz in der Mitte des Textes drehte sich um die Zutaten. „Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.“ (Die Hefe wurde deshalb nicht erwähnt, weil man sie zu dieser Zeit schlichtweg noch nicht kannte. Die Biere waren also, wenn man so will, damals alle spontanvergoren.) Und noch eine kleine Anmerkung: In der Aufzählung wurden die Höfe nicht erwähnt. Die bekamen nämlich eine Sondergenehmigung und durften auch mit Weizen brauen.  Ansonsten war dieser aber dem Brotbacken vorbehalten. Zuvor wurde nämlich sehr wohl mit dem höherwertigen Weizen gebraut. Dem wollte man mit dem Erlass einen Riegel vorschieben. Da der Herzog aber selbst gerne das gute Weizenbier trank, hat er sich das Hintertürchen mit dem Auslassen der Höfe einfallen lassen. Trotzdem war es kein reines Selbstbereicherungs-Gesetz. Denn, um die berauschende Wirkung zu verstärken, wurde bis dato auch allerlei Kurioses beigemischt. Alraunen Wurzel, Tollkirsche oder Fliegenpilz etwa. Eine Regelung zu treffen war damals also durchaus sinnvoll.

Eine lange, komplizierte Geschichte

Die Geschichte dieses Gebotes ist lang und kompliziert. Es wurde später zwar auf weitere Zutaten ausgedehnt, aber man kam wieder auf die Originalversion zurück. Immer mehr Länder schlossen sich Bayern an und es wurde obergärig und untergärig unterschieden. Auch der Name änderte sich öfters mal. Kurz: 500 Jahre alt ist dieses Gesetz gar nicht, aber für Marketingzwecke klingt es jedenfalls gut. Als nach dem zweiten Weltkrieg immer mehr Bier importiert wurde, versuchte der deutsche Brauereiverband dem einen Riegel zu schieben. Er wollte alle importierten Biere, welche nicht dem Reinheitsgebot entsprachen, verbieten. Dies schmetterte der europäische Gerichtshof 1987 allerdings ab. Ab dann wurde von besagtem Verband massiv mit dem Begriff „Deutsches Reinheitsgebot“ geworben, was suggerierte, dass ausländische Biere „unrein“ wären und so wird das bis heute in der breiten Öffentlichkeit auch wahrgenommen.

Allerdings darf man auch sagen, dass seit einigen Jahren ein Umdenken diesbezüglich stattfindet. Und zwar ausgelöst durch die oben erwähnten jungen Brauer mit ihren äusserst interessanten, neuen Kreationen und dem wachsenden Interesse in der Bevölkerung am Thema Craft-Bier.

Reinheitsgebot sagt nicht, dass die Qualität gut ist

Fakt ist jedenfalls: Das Reinheitsgebot sagt nur etwas über die Zutaten aus und nichts über die Qualität. Zudem sind während dem Brauvorgang auch diverse chemische Hilfsmittel zugelassen, wenn sie am Ende nicht mehr im Bier enthalten sind. Man kann also durchaus nach Reinheitsgebot auch schlechtes Bier brauen und superleckeres Bier, auf das man dann aber nicht „Bier“ schreiben darf, weil es nicht nach dem Reinheitsgebot gebraut ist. Mein werter Biersommelier-Kollege Mich meint dazu: „Ganz ehrlich, nichts gegen ein gutes Helles oder ein erfrischendes Pils im Sommer. Doch finde ich ein saures Frucht-IPA oder auch eine Gose mit saisonalen Früchten darf ruhig auch mal gebraut werden. Gerade im Sommer gibt es nichts Erfrischenderes. Ich finde jedenfalls eine Überarbeitung und Anpassung des Reinheitsgebotes wäre nötig.“

Und mit dieser Meinung steht er wohl nicht alleine da. Praktisch alle deutschen Craft Brauereien und das werden ja auch immer mehr, sehen das genauso. Oliver Wesseloh, eine Koryphäe in der Szene, der aber anstatt Craft-Brauer immer von Kreativ-Brauer spricht, hat mit Brauer-Kollegen den Verein deutscher Kreativbrauer gegründet und die haben wiederum direkt das deutsche Natürlichkeitsgebot lanciert. Chemische Zusätze während dem Brauprozess sind verboten. Natürliche Zusätze wie Obst etc. sind jedoch erlaubt.

Das finde ich super und ehrlich gesagt, war ich bei „Frucht IPA“ schon mit dem Kopf beim Feierabendbier.

Also lasst uns darauf alle ein „Kreativ-Bier“ geniessen.

  Prost!

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