Oft fragen Männer nach «einem Bier für eine Frau», was ja eigentlich keine sehr ungewöhnliche Frage ist. Doch auf die Gegenfrage, was diese Frau denn für einen Geschmack habe, antworten die meisten mit diesem «wasweissichdenn» Ausdruck im Gesicht. Sie gehen wohl davon aus, dass alle Frauen den gleichen Geschmack haben, was natürlich Unsinn ist. Frauen haben genauso unterschiedliche Geschmäcker wie Männer.
Die Frage nach Zielgruppenbieren
Noch absurder wird es, wenn Kunden nach einem Bier «für einen 35jährigen», «für einen Maurer» und dergleichen suchen. Tja, das kommt tatsächlich vor. Allerdings nicht besonders hilfreich. Da braucht es erst mal einiges an Erklärung, bis sich die Mienen aufhellen, denn weder haben alle Frauen den gleichen Geschmack, noch alle Buchhalter, 50jährigen oder Studenten.
Was es mit den Frauen und Bier auf sich hat
Aber zurück zum Anfang… Was hat es mit den Frauen und Bier auf sich? Dass nicht alle Frauen den gleichen Geschmack haben, leuchtet eigentlich ein. Aber… Es gibt wirklich viele Frauen, die denken, dass sie kein Bier mögen. Das kommt nicht von ungefähr, denn viele kennen nur Lagerbier, und das mag eigentlich keiner beim ersten Mal. Leider denken dann viele, sie mögen einfach kein Bier und das sagen sie dann auch so, weil es ihnen halt zu bitter sei. Trotzdem geniessen sie dann aber einen Gin Tonic, Campari oder einen Espresso, also Getränke, die ja ebenfalls bitter sind.
Alles nur Gewöhnungssache
Ein Bier, und wenn es auch nur ein Lager ist, ist geschmacklich recht komplex. Es hat neben der Hopfenbittere auch leicht süssliche, vom Malz herrührende Aromen, sowie dezente, von der Gärung und von der Hefe stammende säuerliche Noten. Da ist der Gaumen erst einmal überfordert, was soviel heisst, als dass unser Geschmack erst auf diese Komplexität «trainiert» werden muss. Nach dem dritten oder vierten Mal gewöhnt man sich daran und noch etwas später entdeckt man dann immer mehr die Feinheiten eines Bieres.
Bei jungen Männern passiert das deutlich schneller
Bei jungen Männern passiert das deutlich schneller, weil man, Stereotype sei Dank, als Mann halt Bier trinkt. Man will kein Aussenseiter sein und man will nicht zugeben, dass man es nicht mag. Und so kommt man relativ schnell auf den Geschmack.
Bei den jungen Frauen läuft es häufig etwas anders ab. Sie probieren ein Bier, es schmeckt ihnen nicht und sie probieren andere Sachen, wie beispielsweise Longdrinks, die wesentlich zugänglicher und einfacher zu trinken sind. Wenn sie dann einige Wochen später wieder mal ein Bier probieren, dann schmeckt es ihnen immer noch nicht. Der Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Bier war einfach zu lang.
Um all das weiss die Bierindustrie und macht Biere, die entweder möglichst geschmacksneutral daherkommen, oder aber mit so viel Geschmacksstoffen versehen sind, dass sie vom Geschmack her schon fast gar nichts mehr mit Bier zu tun haben. Ice-, Light-, oder Fruchtbiere sind aber deswegen keine Frauenbiere!
Es ist nämlich so, dass Frauen und Männer, dank der Craft-Bier Welle auf den Bier-Geschmack gekommen sind. Denn die Craft-Bier Well hat eine unglaubliche Biervielfalt mit sich gebracht. Und weil sie auf den Bier-Geschmack gekommen sind, können sie häufig mit Ice-, Light- oder Fruchtbieren nichts anfangen. Sie bevorzugen keineswegs dünne, sondern im Gegenteil kräftige Biere.
Frauen erobern die Bierwelt
Ja, und gerade Frauen entdecken immer mehr, dass es mehr gibt, als nur Lagerbiere und sogenannte «Frauenbiere», die die Werbung uns so penetrant vor Augen hält. Gerade Frauen, und viele, haben Freude an Bier und an seiner Kultur, beschäftigen sich damit und schulen sich zur Biersommelière, bloggen über Bier oder übernehmen Brauereien. Die Zahl der Frauen in der Bierszene nimmt stetig und sehr deutlich zu, seit Bier wieder als Genussgetränk akzeptiert ist.
Ich empfehle allen Frauen, sich einmal von einer Biersommelière oder einem Biersommelier beraten zu lassen. Probiert mal ein Lambic oder eine Geuze. Oder auch ein IPA, denn obwohl dieses mehr Bittereinheiten aufweist, als beispielsweise ein Lagerbier, hat es viele fruchtige Noten und kommt recht süffig daher. Übrigens haben neueste Umfragen ergeben, dass IPA das beliebteste Bier bei Frauen ist.
Und im Übrigen wählen Frauen, genau wie Männer, ihr Bier zum Beispiel nach der aktuellen Stimmung, oder unbewusst auch nach der Jahreszeit aus. Im Sommer trinkt man beispielsweise automatisch viel leichtere Biere als im Winter.
Abgesehen davon… Von «Frauenbieren» zu reden, könnte heute eigentlich schon fast als diskriminierend angehen werden. Es gibt kein Frauenbier!
In diesem Sinne: Es lebe die Biervielfalt!