Nachdem ich den drei Hauptbestandteilen des Bieres – Wasser, Hopfen und Malz – schon je einen Artikel gewidmet habe, soll nun auch noch der Hefe gehuldigt werden. Diese Zutat wurde, mit grossem zeitlichem Abstand, als letztes entdeckt. Selbst im Mittelalter wusste man noch nicht, worum es sich bei der Hefe genau handelt. Deshalb wurde die Hefe einfach „das Zeug“ genannt. Im deutschen Reinheitsgebot von 1516 heisst es, dass nichts anderes ausser Wasser, Hopfen und Malz ins Bier darf. Die Hefe wird nicht erwähnt, dabei ist sie es, die ein Bier erst zu einem Bier macht.
Hefe ist ein Kind der Neuzeit
Der letzte grosse Fortschritt der Brauwissenschaft fand tatsächlich erst Ende des 19. Jahrhunderts statt. 1883 schaffte es der Däne Emil Christian Hansen im Labor der Carlsberg-Brauerei in Kopenhagen die erste Hefezelle zu isolieren. Mit der dosierten Zugabe von Hefe wurde so die Bierherstellung natürlich perfektioniert.
Hefe – Tier, Pflanze oder was?
Aber was ist nun Hefe genau? Da fangen wir doch direkt mal mit etwas nutzlosem Wissen an, mit dem man aber immer Eindruck schinden kann: Hefe ist ein Lebewesen, so weit so klar. Aber wenn sie denn ein Lebewesen ist, worum genau handelt es sich; Um ein Tier oder um eine Pflanze? Jetzt wird’s schon etwas kniffliger. Die Bedingung, damit etwas als Tier deklariert werden kann ist, dass es sich fortbewegt. Das ist bei der Hefe nicht der Fall. Die Bedingung, die erfüllt sein muss, um als Pflanze kategorisiert zu werden, ist, dass es Fotosynthese betreibt, was bei der Hefe ebenfalls nicht der Fall ist. Die Hefe gehört zu den Pilzen und die stellen eine eigene, dritte Gattung dar.
Hefen sind lebendige Einzeller, die sich vermehren und der Umgebung anpassen. Durch ihren Stoffwechsel verwandelt Hefe den in der Bier-Würze gelösten Zucker in Alkohol und Kohlensäure. Heute werden in so genannten Hefebanken tausende von Sorten konserviert, die sich alle nicht nur im Geschmacksprofil, sondern auch im Gärverhalten unterscheiden.
Die drei Brauarten
Es gibt drei verschiedene Brauarten: obergärig, untergärig und spontanvergoren. Beim obergärigen Verfahren erhält die Hefe im Gärbottich Auftrieb und sammelt sich an der Oberfläche. Diese Hefen brauchen beim vergären Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius. Sie bringen Aromen von Apfel, Vanille, Banane, Nelke mit. Untergärig vergoren wird bei ca. 5 – 10 Grad. Hierbei bringt die Hefe weniger Eigenaroma mit ins Bier. Dort kommt das meiste, das die Nase und den Gaumen erfreut, vom Hopfen und vom Malz. Obergärige Bierstile sind zum Beispiel: Kölsch, Alt, Witt / Blanche, Weizen, Berliner Weisse, Belgian strong Ale, Dubel, Tripel, Quadrupel, Stout, Barley Wine. Untergärig sind: Lager / Helles, Pilsner, Märzen, Kellerbier / Zwickel, Bockbier (ausser Weizenbock) oder Schwarzbier.
Bleibt noch die dritte Art, Hefe zu vergären: Spontangärig. Im Prinzip ist das so, wie Bier gebraut wurde bevor man die Hefe kannte. Das Bier holte sich nämlich einfach die Mikroorganismen, die es brauchte, um die Fermentierung in Gang zu setzen, aus der Luft. Neben Wildhefen sind das auch Milchsäurebakterien, die dem Bier einen säuerlichen Geschmack verleihen. Heutzutage wird natürlich auch das kontrolliert. Dem Bier wird zwar keine Hefe direkt zugeführt, aber an Wänden oder der Decke befinden sich dann die doch gewissermassen domestizierten Wildhefen, die mittlerweile ebenfalls in Hefebanken kultiviert werden.
Brettanomyces – ein besonderer Beitrag für die Nase
Die Lieblinge der Brauer übrigens, auch das ist cooles Eindruckschinder-Wissen, sind die Stämme der Brettanomyces, auch kurz „Brett“ genannt. Sie arbeiten sehr gründlich und verstoffwechseln auch Zucker, die so genannte Reinzuchthefen nicht mehr schaffen. Das macht das Bier speziell trocken. Zudem bringen sie ganz eigene Aromen mit, die, wenn man es jetzt so liest, gar nicht so lecker klingen, aber von Fans weltweit nicht nur geschätzt, sondern geliebt werden. Es handelt sich um Eindrücke aus dem Stall: Nasses Stroh, Leder, Pferdedecke. Wie gesagt, das klingt auf Anhieb nicht sehr lecker, aber in Kombination mit der Säure, gibt es diesen Bieren ein ganz besonderes «Etwas», das man unbedingt mal probiert haben sollte. Und wenn man es dann immer noch nicht mag, denk an unseren Blogbeitrag, in dem es darum geht, jedem Bier eine zweite Chance zu geben. 😉
Spontan vergorene Bierstile findet man vor allem im Regal der Belgier. Lambics und Geuzen oder aber das Orval. Auch immer mehr Craftbier-Brauereien bauen sich eigene Brauhäuser, um mit Wildhefen zu arbeiten. So zum Beispiel Brewdog, die mit ihrem neuen Label „Overworks“ gerade eine spontanvergorene Version ihres Klassikers «Punk IPA» auf den Markt brachten.
Sich einmal durchzutesten lohnt sich wirklich und macht Spass.
In diesem Sinne: Prost!