Bei der derzeitigen Hitzewelle will ich etwas ansprechen, das lustigerweise im Sommer (und eigentlich fast immer nur im Sommer) ein grosses Thema ist: Die ideale Trinktemperatur des Bieres.
Klar, in den Läden rufen natürlich erstmal alle nach kaltem Bier. Und gleich danach erfolgt dann der Schrei, dass das Bier im Kühlschrank nicht kalt genug wäre. Nun ja, wenn ich soeben den Kühlschrank aufgefüllt habe, dann kann es schon sein, dass es noch nicht kalt genug ist, denn es dauert nun mal zwei bis drei Stunden, bis ein Bier um zehn Grad runtergekühlt ist. Aber um das geht es ja nicht… Der Punkt ist der, dass der Aufschrei «nicht kalt genug» im Frühling, Winter und Herbst fast verstummt. Nur im Sommer da tönt es dann umso lauter.
Aber da unsere Kühlschränke weder auf Sommer- noch auf Wintertemperatur getrimmt werden, ist das Bier im Kühlschrank also immer gleich kalt. Nur wenn man draussen schmilzt, dann empfindet man halt auch ein gut gekühltes Bier noch immer als nicht kalt genug.
Im Sommer kanns nicht kalt genug sein
Tatsache ist, dass die meisten ihr Bier im Sommer möglichst kalt wollen. Wenn jetzt ein Craft-Bier Fan diese Zeilen liest, ruft er: «Quatsch! Gutes Bier kann man auch warm trinken!» Worauf die Lagerbier-Fraktion so etwas wie «Warmes Bier? Das ist doch gruusig!» antworten wird.
Wer hat Recht beim kalten Bier?
Nun sagen wir es mal so: Keiner. Oder beide ein Bisschen. Tatsache ist, dass für den Biergenuss ein paar Faktoren eine wirklich grosse Rolle spielen. Neben der eigenen Stimmung und der Umgebung ganz sicher auch die Wahl des richtigen Glases. Und dann natürlich auch die richtige Trinktemperatur, denn die Aromen sollen sich ja optimal entfalten können. Also, was ist denn nun die ideale Trinktemperatur für ein Bier? Die Antwort ist simpel: Es gibt keine allgemeingültige ideale Trinktemperatur für Bier, denn bei jedem der zahlreichen Bierstile kommen die Feinheiten und Aromen bei einer anderen Temperatur zur Geltung.
Zwar gibt es Fachleute, die meinen, generell soll Bier bei ca. 15 Grad getrunken werden, da dann die Fehlaromen am deutlichsten hervortreten. Zwar stimmt das und ist bestimmt interessant, wenn man eine Bier-Degustation oder -Schulung veranstaltet. Allerdings sieht es im Alltag etwas anders aus. Denn es macht bereits einen deutlichen Unterschied, wo genau im Kühlschrank das Bier lagert. Mach mal folgenden Versuch: Lege eine Flasche Lagerbier oder Pils, die man beide bei sechs bis acht Grad trinken kann, ins oberste Kühlschrankfach und eine zweite Flasche ins Gemüsefach. Nach vier bis fünf Stunden sollten beide Flaschen ausreichend kalt sein. Du wirst sehen, dass das Bier im obersten Fach etwa neun Grad und das im Gemüsefach ca. fünf Grad misst. Wenn du die beiden Biere jetzt einschenkst, wirst du sofort merken, dass das weniger kalte Bier tatsächlich voller und intensiver riecht und schmeckt.
Grundsätzlich gilt, dass je dunkler, intensiver, kräftiger und stärker ein Bier ist, desto weniger kalt sollte es getrunken werden. Ein üppiges Genussbier, wie ein Imperial Stout oder ein Barley Wine, von dem kein Mensch verlangt, dass es erfrischend sein soll, muss natürlich auch nicht kühlgestellt werden. Man serviert den guten Rotwein ja auch nicht aus dem Kühlschrank.
Ausser den bereits angesprochenen Sorten Lager und Pils sind natürlich auch die IPAs, gerade in den wärmeren Tagen, wieder hoch im Kurs. Gerade bei einem IPA empfehle ich, wenn man es aus dem Kühlschrank nimmt, ruhig noch etwas stehen zu lassen. Vor allem wenn ein IPA nachgehopft ist, wäre es schade, es zu kalt zu geniessen, denn die feinen Aromen, die den Biergourmet-Gaumen erfreuen sollen, entfalten sich deutlich intensiver, wenn das Bier bei neun bis elf Grad eingeschenkt wird. Nachgehopfte IPAs haben sowieso meist einen höheren Alkoholgehalt. Die Faustregel greift auch hier: Leichte Biere eher kühl trinken, starke Biere eher weniger kühl.
Diese kleine Zusammenstellung soll Dir helfen, die ideale Trinktemperatur bei Deinem nächsten Bier zu bestimmen.
Und bei den dunkleren, schwereren Bieren verhält es sich so, dass nicht die Hopfen- sondern die Malzaromatik dominiert, wie beispielsweise Noten von Karamell, Schokolade, Kaffee oder Lakritz. Diese wirken gleich viel besser, wenn sie nicht zu kalt sind. Besonders wenn das Bier als Essensbegleiter dient. Spätestens dann heisst es: «Kaltes Bier… gruusig.»
Cheers auf einen heissen Sommer!