Hopfen – die Seele des Bieres
Über Wasser habe ich ja bereits ausführlich geschrieben. Und wenn Bier auch zu 90% aus Wasser besteht und Wasser das Bier entscheidend prägt, nennt man trotzdem nicht das Wasser, sondern den Hopfen die «Seele des Bieres». Hopfen gibt dem Bier die charakteristische und erfrischende Bittere. Weshalb, wann und wer auf die Idee kam, Hopfen zum Bierbrauen zu benutzen ist nicht wirklich bekannt. Erst seit dem frühen Mittelalter bestehen historische Beweise, dass Hopfen auch im Brauprozess eingesetzt wurde.
Das «heilende» Bier
Warum AUCH im Brauprozess? Nun ja, Hopfen kennt man schon sehr lange, jedoch mehr als Heilpflanze, als zum Bierbrauen. Und so nebenbei – Hopfen wurde 2007 zur Arzneipflanze des Jahres ausgewählt, denn Hopfen hilft bei Gallenbeschwerden, Ohrenentzündung, Zahnschmerzen und zur Blutreinigung. Hopfen hilft aber auch als Beruhigungsmittel und beim Einschlafen. Wenn Hopfen aber schon so wichtig in der Heilkunde war dann war es ja nur eine Frage der Zeit, bis irgendein Mönch auf die Idee kam, einen kleinen Hopfen-Versuch zu starten und ein «heilendes» Bier zu brauen. So nach dem Motto: Bei Zahnschmerzen entweder an einer bitteren Hopfendolde kauen oder aber ein gutes Bier geniessen.
Ein kleiner Versuch geht um die Welt
Anscheinend war der «kleine Hopfen-Versuch» sehr erfolgreich, denn bereits 1079 wird Hopfen zum ersten Mal als Brauzusatz erwähnt und hat ab dann seinen Siegeszug rund um die Welt angetreten. Heute werden rund 95% des gesamten Hopfens, meist in Form von Hopfenpellets, für die Bierherstellung verwendet. Die restlichen 5% werden als Heilmittel und zum Kochen verwendet.
Hopfen in Bibliotheken
Aber auch in vielen alten Bibliotheken werden die weiblichen Hopfenzapfen verwendet. Nicht etwa, weil man täglich etwas Hopfen lesen sollte, sondern er wird hinter den Büchern ausgelegt und reguliert so ganz natürlich die Luftfeuchtigkeit, hält mit seinen ätherischen Ölen Insekten fern und muss nur alle paar Jahre ausgewechselt werden.
Hopfen ist ein heikles Pflänzchen
Hopfen gehört übrigens zur Familie der Hanfgewächse und wird bis zu acht Meter hoch. Für Bier werden nur die weiblichen, unbestäubten Blütenstengel verwendet. Diese enthalten kleine klebrige Körner, sogenannte Lupulin-Körner, deren Sekret aus Hopfenöl, Bitterstoffen und Gerbstoffen besteht. Hopfen wird nach der Ernte getrocknet, gepresst und gekühlt. Lagert man Hopfen zu warm oder nicht luftdicht, so verliert er innerhalb eines Jahres etwa 35% seines Brauwertes, da die feinen Aromen verloren gehen. Deshalb wird Hopfen nach dem Trocknen oft zu kleinen Pellets weiterverarbeitet, da diese länger haltbar sind.
Hopfen ist nicht gleich Hopfen
Obwohl es mehrere hundert verschiedene Hopfensorten gibt, wird nur ein kleiner Teil davon beim Bierbrauen verwendet. Die einzelnen Hopfensorten werden in Bitterhopfen und Aromahopfen eingeteilt. Aromahopfen sind wesentlich weniger bitter und es braucht entsprechend mehr davon im Brauprozess. Vor allem aber zeichnen sie sich, wie der Name ja sagt, durch sehr viel stärkere Aromaöle aus, was Aromahopfen sehr hochwertig macht. Laufend werden neue Aromahopfen gezüchtet, um noch mehr Vielfalt in die ohnehin schon vielfältige Bierlandschaft zu bringen, was vor allem die Craft-Bier-Szene beflügeln dürfte.
1 – 4 Gramm reichen
Ist der Brauprozess vollständig abgeschlossen, bleiben lediglich 20% der ursprünglichen Menge an Hopfenbitterstoffen im fertigen Bier zurück. Dabei geben die Öle des Hopfens dem Bier sein Aroma, während die Gerbstoffe für eine längere Haltbarkeit sorgen. Hopfen sorgt aber auch dafür, dass der Schaum beim Bier fester ist, nicht in sich zusammenfällt und länger hält.
Und, wie viel «Seele» braucht es für einen Liter Bier? Bei traditionellen Bieren reichen 1 – 4 Gramm pro Liter. In der Craft-Bier Szene gibt es aber auch Brauereien, wie beispielsweise «Brewdog», die bei gewissen Produkten auch mal das Doppelte oder Dreifache reinschaufeln. Trotzdem geht man mit Hopfen aber eher sparsam um. Kein Wunder also, dass weltweit «nur» 100’000 Tonnen Hopfen angebaut werden. Das reicht für die Bierproduktion der ganzen Welt. Das grösste Anbaugebiet der Welt ist die Hallertau in Bayern. In der Schweiz wird Hopfen vor allem in der Gegend von Stammheim, im Fricktal und im Aaregäu angepflanzt.
Hopfen ist also ein richtiges «Super-Gewächs». Er heilt, hält Bücher trocken, lässt sich essen und das Beste daran… Er erweckt Bier zum Leben.
Damit stosse ich auf den «kleinen Hopfen-Versuch» vor über 1’000 Jahren an – mit einem gut gehopften IPA natürlich.