Hallo werter Craftbier-Fan, werte Craftbier-Fanin
Gleich vorab, dies wird der wahrscheinlich seltsamste Blogartikel, den du von mir bislang zu lesen bekamst. Warum? Der Titel verrät es bereits – ich stecke tief in einer Schreibblockade fest. Der Abgabetermin war schon längst überfällig und jetzt ist wirklich die allerletzte Chance, damit der Artikel noch termingerecht erscheint. Und nun sitze ich da und habe, währendem ich diese Zeilen in meinen Laptop hacke, immer noch nicht die geringste Idee, worüber ich überhaupt schreiben soll. Aber immerhin habe ich mir schon mal ein geniales Belohnungs-System zur Motivation ausgedacht: Diesmal bin ich nämlich schon vor der Arbeit in meinen Bierkeller hinuntergestiegen, um mein Feierabendbier auszusuchen. Und während ich suchte, kam mir die Idee: Ich suche mir drei Biere aus. Zum Ersten ein richtig, richtig gutes – ein sechs Monate im Cognac-Fass gereifter Barley Wine. Dann ein noch immer spezielles aber doch nicht mehr ganz so aussergewöhnliches Tripel und zum Schluss ein ziemlich gängiges Amber aus dem Kühlschrank, das Gästen vorbehalten ist, welche meine Bier-Spezialitäten nicht zu würdigen wissen.
Nicht viel Neues oder Spannendes
Nun, was hat es mit der Auswahl der drei Biere auf sich? Der Punkt ist der: Wenn mein Artikel wirklich gut ausfällt, dann gönne ich mir das wirklich gute Bier, wenn er nicht so gut wird, dann spüle ich meinen Frust mit einem Amber runter und wenn er so in der Mitte liegt, dann wird es ein Tripel.
Das erscheint mir erstens fair und zweitens eine tolle Motivation, etwas richtig Gutes abzuliefern, denn dieser Barley Wine, der ganz hinten versteckt war und den ich schon komplett vergessen hatte, den möchte ich eigentlich schon gerne zur Belohnung trinken! Also, schnell rauf ins Büro und nach Inspiration gesucht. Mal die letzte Ausgabe des „Meininger’s Craft“ durchgeblättert, immerhin ein Referenz-Titel in Sachen Craft-Beer-Magazine. Also was haben wir da? „Welde“ – haben wir nicht, „Braufactum“ – haben wir nicht, ein „Ex-Stone-Brauer“, der jetzt was Eigenes macht – naja, Braugenossenschaften boomen – von mir aus. Dann gibt’s noch eine Anleitung zum selber brauen – Och nö, Gewinner der Corona-Krise sind Online Shops – ja, logisch, Foodpairing: Brot und Bier… Irre ich mich, oder war das auch schon spannender? Hmmmm… irgendwo haben die doch auch immer eine Ecke über die neuesten Trends aus den USA. Das könnte etwas interessanter sein. Vor allem da ich, wie hier schon mal beschrieben, das Gefühl habe, dass die Szene momentan in einem kreativen Loch steckt. Da bin ich gespannt, was da eventuell in nächster Zeit Neues auf uns zu kommt…
Etablierte Bierstile laufen immer besser
Gut, dem Autor der betreffenden Spalte ist es aber anscheinend auch nicht viel besser ergangen als mir gerade. Von seinem zur Verfügung stehenden Platz einer DIN A4-Seite geht deutlich mehr als ein Drittel, fast schon die Hälfte, für den Titel drauf, gefolgt von einem sehr gross gehaltenen Untertitel und einer recht grossen Grafik einer USA-Flagge. Textlich beinhaltet dieses „US-Update“ gerade mal vier Punkte: 1. Die Hopfenanbaufläche ist so gross wie noch nie. Deutlich am meisten angebaut wird „Citra“ mit 19% gefolgt von „Columbus“ 11%, „Mosaic“ 9%, und „Simcoe“ und „Cascade“ mit je 7%. Den Nerd erstaunt es nicht, den Laien interessiert es nicht. Punkt 2: Der Markt ist, bedingt durch Corona, im Wandel. Gastro verliert, Handel gewinnt – diese Info wird weder den Nerd noch den Fachmann vom Sockel hauen. Weiter. Punkt 3: Aha. Da sich der Markt weg von der Gastro-Szene hin zum Handel verschieben und dort ja auch anderes konsumiert wird als in den Craft-Beer-Bars, werden auch wieder andere Stile gebraut. Während das Pre-Corona-Motto noch lautete „Higher, bolder, wider“ und sich die Brauereien mit immer noch extremeren Bieren zu übertrumpfen versuchten, geht man nun wieder eher in Richtung etablierte Stile, die sich gut verkaufen lassen. Ein Trend, der in Deutschland schon vor Corona erkennbar war und den wir auch immer deutlicher in den Läden merken. Richtig gut gebraute Lager oder Pilsener sind wieder im Kommen.
Trends können nicht vorhergesagt werden
So, auf den letzten Punkt war ich besonders gespannt, stellt er doch immerhin den Sub-Titel „Biertrends für 2021“ Allerdings wurde ich sofort enttäuscht. Erstens sagt er, dass wegen – willst du raten? – Richtig: Corona – man praktisch keine Trends abschätzen könne. Zweitens, wenn aber doch, dann scheint sich der Trend der „Low Carb IPAs“ zu verstärken. Diesen Trend habe ich hier schon einmal erwähnt. Bislang ist er noch nicht zu uns geschwappt und ich hoffe inständig, dass dieser Trend da bleibt wo auch immer er gerade ist, und es nicht bis zu uns schafft. Gut, hätten wir das auch abgehakt.
Es tut mir leid, aber diesmal ist wirklich nicht viel Informatives rumgekommen bei dieser Kolumne, und dabei habe ich doch so gehofft… Der Barley Wine muss wieder in den kühlen Keller und noch etwas weiter reifen, ebenso das Tripel. Ich werde mich, so fair muss ich schon sein, wohl oder übel mit dem Amber begnügen müssen. Ich muss dazu aber auch sagen, dass es kein schlechtes Bier ist, im Gegenteil. Einfach und bodenständig, also genau das, was im Trend ist und ich auch sehr gerne mag. Und jetzt, da die Zeichen für diesen Beitrag praktisch aufgebraucht sind, fällt mir ein, worüber ich nächstes Mal schreibe: Ich mache eine weitere Folge der Serie „Ein Hoch auf das, den oder die…“ in der ich einem meiner Lieblings-Bierstile huldige.
Mach’s gut und bleib gesund.
Prost.