Wieso wir kein Lieblingsbier haben

Immer wieder werden unsere Verkäufer, und speziell unsere Biersommelières und –sommeliers gefragt, welches denn ihr persönliches Lieblingsbier sei. Zwar freut uns dieses Interesse, aber es tut einem dann immer etwas leid, eine Antwort zu geben, von der man bereits zum Vornherein weiss, dass sie enttäuschen wird: «Ich habe kein Lieblingsbier».

Wie kann das den sein?

Wie kann das den sein? Jemand der sich so intensiv mit Bier beschäftigt, so viel darüber weiss und bestimmt schon wahnsinnig viele verschiedene Biere probiert haben muss, hat kein Lieblingsbier?

Zugegeben, das kann schon etwas verwirrend klingen, aber eigentlich ist es ganz einfach, denn gerade, weil der Bierhorizont bereits so weit ist, kann man sich ganz einfach nicht auf ein bestimmtes Bier festlegen. Denn für jeden Moment und für jede Situation gibt es das «richtige», oder besser gesagt, das passende Bier.

Jahreszeiten beeinflussen unseren Geschmack

Das fängt schon bei den Jahreszeiten an. Im Sommer, bei brütenden 30 Grad, da bevorzugt man doch eher etwas Leichtes und Erfrischendes. Wie beispielsweise ein Pale Ale, ein IPA oder einfach ein gutes Lager. Oder eventuell eher etwas Saures – Etwas Spritziges halt. Bei Sommerhitze will man nicht an einem Imperial Stout, Doppelbock oder gar an einem Barley Wine nuckeln, der mit seinen 15% Alkohol noch zusätzlich von innen her wärmt.

Im Winter hingegen, bei Minusgraden, da wird ein Barley Wine zum Highlight und es gibt eigentlich nichts Schöneres, als sich in eine gemütliche Ecke zu setzen und sich dem Genuss hinzugeben. Im Herbst allerdings, da passen dann eher Märzen und Böcke, oder auch mal ein dunkles Weizen, während im Frühling der Griff zum Pils naheliegt oder, in freudiger Erwartung des Sommers, man sich auch schon mal die erste Gose gönnt.

Mood Pairing – Ein paar Regeln

Nun sind das allerdings keine in Stein gemeisselten Regeln, sondern man wählt eigentlich ganz automatisch. Denn schliesslich hat man ja auch nicht bei jedem Wetter immer auf das gleiche Bier Lust. Und so wie mit dem Wetter, verhält es sich auch mit der eigenen Stimmung. Keiner ist immer gleich gelaunt – Da wäre es doch eigentlich schade, immer das gleiche Bier zu trinken, nur weil man es irgendwann mal zum «Lieblingsbier» erklärt hat. Denn Bier hält für uns eine riesige Geschmackspalette bereit, die jedem für jede Jahreszeit, jedes Wetter und jede Stimmung eine vielfältige Auswahl an Bieren zu bieten hat.

Der Biersommelier hilft

Im noblen Restaurant empfiehlt der Wein-Sommelier einen Wein aus seinem Keller, von dem er überzeugt ist, dass er ganz besonders gut zum gewählten Essen passt. Genau das ist auch die Aufgabe des Biersommeliers im Fachgeschäft. Immer mehr Kunden fragen uns, welches Bier denn zu einem bestimmten Essen passe. (Auf das Thema Food Pairing gehe ich auf jeden Fall in einem der folgenden Beiträge ein.)

Aber diesmal geht es ja mehr um Mood Pairing, also darum, welches Bier zu welcher Stimmung passt. Und auch da kann der Biersommelier Hand bieten. Ist man beispielsweise besonders gut drauf, dann ist man auch viel experimentierfreudiger. Dann ist man offen für fast alles, lässt sich kurz vom Verkäufer beraten, schnappt sich ein Bier, das man noch nicht kennt und hofft, wieder mal etwas richtig Gutes entdeckt zu haben. Hat man jetzt aber einen langen, anstrengenden Tag hinter sich, dann hat man verständlicherweise keine grosse Lust auf Experimente, und gönnt sich lieber etwas, das man schon kennt. Etwas worauf man sich verlassen kann. Eine sichere Wahl. Etwas halt, das man geniessen und dabei schön runterfahren kann.

Es liegt also auf der Hand, dass verschiedene Wetter- bzw. Stimmungslagen auch verschiedene „Lieblingsbiere“ mit sich bringen. Und deshalb hat jede Verkäuferin, jeder Verkäufer, jede Biersommelière und jeder Biersommelier (und natürlich auch jeder Blogger) nicht EIN Lieblingsbier, sondern eine ganze Palette an Favoriten, aus der er dann, je nach Situation, wählt und sich freut, dass genau dieses Bier und genau dieser Moment so wunderbar zusammenpassen.

Ganz zum Schluss noch dies: Irgendein Bier-Guru wurde mal gefragt, für welches Bier er sich entscheiden würde, wenn er bis ans Ende seines Lebens nur noch ein einziges trinken dürfe. Er meinte, dass er sich für ein gutes Lagerbier entscheiden würde, weil das am ehesten zu alle Stimmungen und Situationen passe. Und an dieser Wahl ist schon was dran, auch wenn das Lager der Biernerds und Craftbierfans dazu tendiert, Lagerbier mit einem Hauch an Verachtung zu strafen. Aber dieses Thema ist ganz sicher einen eigenen Blogeintrag wert.

Cheers.

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