Brasserie Trois Dames – Ein Nachruf

Ich habe hier schon an verschiedenen Stellen auf unsere hohe Brauereidichte aufmerksam gemacht. Dass sie pro Kopf die höchste weltweit ist, höher also als die von ausgewiesenen Bierländern wie etwa Deutschland, Belgien, Tschechien, oder den USA. Ebenfalls habe ich erzählt, dass die ersten bereits ihren Betrieb einstellen mussten und, dass noch weitere folgen werden.

Brasserie Trois Dames hört auf

Raphael Mettler, Inhaber der Brasserie Trois Dames betont, dass es in seinem Fall weder Corona bedingt wäre noch finanzielle Gründe hätte, sondern, dass er einfach ein neues berufliches Kapitel aufschlagen wolle. Irgendwie hat es sich auch abgezeichnet. So kamen zum Beispiel schon länger keine neuen Biere mehr raus, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass die schnelle Veränderung der ganzen Craftbier Szene eventuell ein ausschlaggebender Teil war, der bei dieser Entscheidung mitspielte. Ich kenne das nur zu gut von mir selber. Man ist mit irgendetwas in seinem Leben nicht mehr ganz zufrieden. Etwas befriedigt einen nicht mehr so richtig, man merkt, dass man nicht mehr mit dem gleichen Feuer dabei ist, wie zu Anfang. Man überlegt, ob man etwas ändern soll und je grösser und wichtiger das Projekt ist, desto schwerer die Entscheidung. Dann kann irgendetwas Kleines, das zwar unmittelbar nichts damit zu tun hat, plötzlich den Ausschlag geben. Das ist wie gesagt reine Spekulation. Schön, wenn es nicht so war, absolut nachvollziehbar, wenn es doch so war. Schlussendlich ist das Wichtigste, dass man tut, was man tun will, dass man es mit Freude an der Sache tut und, dass man nichts tut, zu dem man nicht 100%ig stehen kann. So kann ich diese Entscheidung nicht nur nachvollziehen, sondern sie sogar begrüssen, aber dennoch stimmt sie mich als Konsument und Fan zutiefst traurig.

Eine eigenwillige Brasserie die viel erreicht hat

Denn die Brasserie Trois Dames zeichnete sich durch zwei Faktoren aus. Erstens ihre Sympathie. Ein Kleinbetrieb, der nie das Ziel hatte, möglichst schnell zu wachsen. Ende 2003 wurde das ganze bereits gestartet, also lange, bevor der ganze Craft-Beer-Hype hier seinen Lauf nahm. Raphael Mettler nannte seine Brauerei „Trois Dames“, nach seinen drei Damen, die so stark hinter ihm standen: Nämlich seine Frau und seine beiden Töchter. Weshalb die Marke verständlicherweise auch nicht verkauft wird. Die Brasserie Trois Dames war auch unsere erste Wahl, als bei uns die Idee der „Collaboration Brews“ aufkam. Bis heute haben wir mit niemandem so viel Kollaborationen gebraut, wie mit Trois Dames. Und schon sind wir beim zweiten Faktor, den diese Brauerei auszeichnet. Die brauen nämlich einfach verdammt leckere Biere. Aber echt jetzt mal. Ich meine noch nicht mal, dass sie bereits ein Jahr, nachdem die Brauerei so richtig anfing, bereits Gold beim „European Beer Star“ holte. Und das will was heissen, denn meiner Meinung nach ist der „European Beer Star“ einer der wenigen Awards, die richtig wichtig sind. Dabei ging es Trois Dames nie darum, das zu brauen, wonach der Markt gerade schrie, sondern sie brauten das, was sie selber cool fanden und worauf sie gerade Lust hatten. Saisons, saure und auch mal ganz ausgefallene Sachen.

Eigenwillige Brauerei mit eigenwilligen, leckeren Bieren

Ich gehöre zu den wenigen Leuten, die scharfes Essen nicht mögen. Jalapeños? Pfui-Bäh! Es gab auch mal so ein komisches mexikanisches Bier mit einer Chili-Schote drin, das einfach nur scharf war. Es schmeckte nicht mal nach Chili, geschweige denn nach Bier. Aber Trois Dames brachte es fertig, ein Bier zu brauen, das tatsächlich richtig nach Jalapeños schmeckt, ohne scharf zu sein! Ja. Naja, also, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, war da zwar eine ganz dezente Schärfe mit drin, die aber wunderbar in die restlichen Aromen des Bieres eingebunden war. Aber es schmeckte wirklich nach Jalapeño. Das fasziniert mich bis heute.

Ein wirkliches 1a Espresso Stout

Abgesehen davon, dass ich kein scharfes Essen mag, mach ich auch keinen Kaffee. Mag zwar etwas seltsam klingen, aber bei Kaffee kommt es mir hoch. Eigenartiger Weise mag ich den Geschmack aber in Porters und Stouts etc. und sogar in Coffee Stouts. Und das allerleckerste Coffee Stout, das ich jemals hatte, war von Trois Dames. Ernsthaft. Das war zwar leicht süsser als üblich, aber da hat alles so verdammt gut gepasst. Einfach alles war perfekt aufeinander abgestimmt. Ich erinnere mich an einen Collaboration Brauevent bei denen. Wir gingen zu Mittag essen in ein nahegelegenes Restaurant, dass von ihnen beliefert wird und als es nach dem Essen zum Kaffee ging und ich ja keinen Kaffee trinke, bestellte ich mir einfach ihr – und in diesem Augenblick fällt mir auch der Name wieder ein – „Espresso Stout“. Die ganze Bande fand die Idee so gut, dass sie sich alle auch eins bestellten und wir feierten dieses Bier richtig ab.

Das Kapitel Trois Dames und meine Kolumne neigen sich dem Ende zu

Nun, die Kolumne neigt sich wieder einmal dem Ende zu und der Platz hat sogar für so ein grosses und emotionales Thema gereicht. Manchmal braucht es nicht viele Worte und doch ist alles gesagt. Ich ging vorhin schnell in meinen Bierkeller, um zu schauen, welches von denen ich mir denn jetzt gönnen werde. Ich musste mit allergrösstem Bedauern feststellen, dass ich nur noch grosse Flaschen habe, was mir jetzt gerade etwas zu viel ist. Kein Jalapeño mehr, Kein Espresso Stout mehr.

Ich gehe jetzt und weine etwas in mein leeres Bierglas. Oder vielleicht gehe ich doch noch schnell in unserem Laden vorbei und hol mir eines. Mal schauen…

Prost auf den sentimentalen Abschied von einer meiner liebsten Brauereien.

PS: Die Brasserie Trois Dames ist noch bis Ende Jahr geöffnet und veranstaltet jeden ersten Samstag im Monat einen Direktverkauf von 10.00 – 13.00 Uhr.

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