Craftbier-Jahresrückblick und Vorschau

Ich schäme mich ein wenig. Mein letzter Blogeintrag endete damit, dass ich direkt anschliessend die Craftbeer-Jahresumfrage von Bierversuche.ch ausfüllen werde. Ich hatte das wirklich vor, aber es kam etwas dazwischen und ich habe es bis heute nicht getan… Was ist passiert? Eine Verkettung unglücklicher Umstände. Zuerst mal meinte ich natürlich mit „anschliessend“ anschliessend an das Feierabendbier. Dass ich mir direkt nach dem Einreichen des Blogbeitrages jeweils eine besondere Flasche aus dem Keller hole, hat immerhin Tradition und mit Traditionen soll man nicht brechen. Zweitens spielte mir dann mein schlechtes Gedächtnis einen Streich. Ich habe die Mail schlichtweg komplett vergessen. Drittens hatte ich mir ca. 6 Monate zuvor eine neue E-Mail-Adresse zugelegt und bei allem Wichtigen, was reinkam, meine neue Adresse mitgeteilt, bzw. selbst eingetragen. So wurde es immer ruhiger und ruhiger im alten Posteingang (die Bierversuche-Mail war tatsächlich die letzte, die noch ankam) und als einen Monat lang genau gar nichts mehr rein kam, beschloss ich den Account zu löschen. Leider nützt eine markierte Mail nichts, wenn sie nicht als ungelesen markiert und vergessen ist. Und so schwebt sie nun in den unendlichen Weiten des Internet-Nirvanas…

Aber versprochen ist versprochen. Da jedes Jahr in etwa dieselben Fragen gestellt werden, versuche ich mich an die wichtigsten davon zu erinnern und wenigstens hier zu beantworten:

 

Die Entdeckung des Jahres 2021

Dass man nun auch hierzulande mindestens zwischendurch mal die tollen Biere von „Freigeist“ erhält. Da aber wahrscheinlich eher eine neue Brauerei, bzw. ein spezifisches Bier gemeint ist, kann ich das nicht beantworten. Von den Brauereien, die ich kennen gelernt habe, kamen vor allem IPAs in diversen Variationen. Siehe weiter unten.

 

Lieblings-Bier oder –Brauerei

Nach wie vor keine. Es gab sehr viele coole Biere zu entdecken, letztes Jahr, und zwar aus nahezu allen Sparten. Unmöglich sich da auf eines zu versteifen. Warum ich kein Lieblingsbier habe, erkläre ich hier.

 

Darüber habe ich mich gefreut

Dass immer noch sehr viele Menschen Craft Beer für sich entdecken und es tatsächlich jedes Jahr noch ein kleines Stückchen mehr bei den Standard-Biertrinkern ankommt. Ebenfalls freue ich mich, dass hochpreisigere Biere immer besser akzeptiert werden. Auch, dass die Nachfrage nach lokalen Bieren weiter steigt, gefällt mir und natürlich habe ich mich auch dieses Jahr, wie jedes Jahr eigentlich, auf die Winter- und Weihnachtsbiere gefreut. Eigentlich habe ich mich über ziemlich viel gefreut, merke ich gerade.

 

Darüber habe ich mich genervt

Bei den Neuheiten waren gefühlte 90% Variationen von IPAS. Meistens noch dry hopped oder double dry hopped. Also etwas einseitig, das Ganze. Hier dürfte wieder mal etwas mehr Abwechslung passieren. Siehe weiter unten. Ebenfalls merke ich, wie mich langsam die Trends der Pastry Stouts und Milkshake IPAs zu nerven beginnen. Laktose im Bier muss einfach nicht sein. Trotzdem merke ich gerade, dass ich mich über weniger nerve, als ich mich freue. Das ist doch schön und zeigt, weshalb mir mein Job immer noch gefällt.

 

Das wünsche ich mir fürs 2022

Dass sich die Craft Brewer mehr zutrauen, sich ausserhalb ihrer Comfortzone zu bewegen und mehr mit Bierstilen experimentieren. Die Stile White IPA, Black IPA, Smoked IPA oder Sour-IPA zum Beispiel findet man praktisch nicht in unserem Sortiment, und zwar einfach deshalb, weil sie so verdammt selten erhältlich sind. Von Stilen, die nichts mit IPA zu tun haben, ganz zu schweigen: Smoked Gose, Smoked Wit, Sour Imperial IPA… eigentlich sollte es keine Grenzen mehr geben…

 

Ausblick aufs 2022

Prognosen für das kommende, bzw. laufende Craft-Beer-Jahr zu treffen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Manche Trends aus den USA schaffen es innerhalb eines Jahres zu uns. Bei anderen, wie z.B. Dem NEIPA dauerte es mehr als zwei Jahre, wieder andere, wie z.B. das Brut IPA schaffte es überhaupt nicht. Darüber, was in den USA gerade angesagt ist, habe ich aber ehrlicherweise eh den Überblick verloren. Vielleicht sollten wir aber, was das anbelangt, gar nicht immer über den grossen Teich schielen. Sehr viele tolle Entdeckungen, kamen für mich auch schon aus europäischen Brauereien. So wird das für mich beste Sour IPA zum Beispiel in Ungarn gebraut und gerade eben haben Schweizer ein super Sour Stout rausgebracht. Mich würde es jedenfalls nicht verwundern, wenn auch der nächste grosse Trend von hier irgendwo in der Nähe um die Ecke käme.

Und ich hätte nicht mal etwas dagegen, wenn der Trend heissen würde, richtig gute Versionen von alten, traditionellen Bierstilen wie Lager oder Weizen zu brauen. Hier haben ja Tilman gerade gezeigt, was sie können. – Zur Erinnerung: Helle, einfache Bierstile, allen voran das Helle/ Lager sind am schwierigsten zu brauen, da diese keinen Fehler verzeihen. (Er kann nicht einfach mit einer Kanonenladung Hopfen überdeckt werden.)

Ja, das Jahr dauert noch lange und besser als sinnlos ins Blaue zu spekulieren, was noch alles kommen wird, ist es doch, sich einfach mal überraschen zu lassen.

Ich jedenfalls freue mich, auf alles, was da noch an tollen Sachen kommen wird.

Prost!

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