Off-Flavours – Was ich nicht im Bier haben will

Nun habe ich hier schon so viel über die ganzen Bieraromen referiert, über die feinen Nuancen, die hopfigen und die malzigen Noten und was die Hefe so alles in den Biergeschmack mit reinbringen kann. Nun wird es mal Zeit, über die etwas weniger feinen Aromen im Bier zu sprechen. Über die sogenannten Off-Flavours, auch Bierfehler genannt.

Was beim Wein „Zapfen“ ist, heisst beim Bier „Off-Flavour“

Die Off-Flavours sind das, was beim Wein „Zapfen“ ist. Ähnlich unangenehm und, wenn sie nur dezent ausfallen, teilweise echt schwierig zu entdecken. Bierfehler können in Dosen oder in Flaschen vorkommen und in allen Bierstilen. Nicht selten entwickelt sich ein Fehler über die Zeit, sodass er, wenn das Bier noch relativ frisch ist, kaum bemerkbar, ein paar Wochen später immer noch innerhalb des Mindesthaltbarkeitsdatums aber schon richtig fies sein kann. So ausgeprägt sind sie aber höchst selten. Oft werden sie von Laien gar nicht erkannt, denn es braucht schon einiges an sensorischer Kenntnis und Übung, die Bierfehler zu entdecken und ganz ehrlich, ich zähle mich selbst auch nicht zu den Super-Sensorikern.  Am Kurs zum Biersommelier werden diese Fehlaromen als künstliche Essenz dem Bier beigemischt und zwar in einer fünfmal so starken Konzentration, wie sie im Regelfall im Bier auftauchen und ich schaffte es nicht, alle zuzuordnen. Was allerdings nicht schlimm ist, denn jeder Mensch hat ein anderes Empfinden, hinsichtlich dem, was er als angenehm oder unangenehm wahrnimmt. Dieselbe Konzentration eines Off-Flavours kann von einigen Menschen überhaupt nicht wahrgenommen werden, während anderen sie als neutral wahrnehmen und wieder andere sind davon regelrecht angewidert. Das Angenehme kann auch bei einer leicht höheren Konzentration blitzschnell ins Unangenehme umschlagen. Bierfehler können auf verschiedene Weise entstehen: Bei der Produktion, beim Transport, beim Lagern, oder beim Ausschank in der Gastronomie. Schauen wir uns die häufigsten Off-Flavours mal an:

Wenn das Bier nach Butter riecht…

Diacetyl riecht nach Butter. Wer das in einem Lagerbier, oder in einem deutschen Pilsner hat, sitzt ganz klar vor einem Bierfehler. In manchen Ales oder Stouts kann es allerdings durchaus gewollt sein und bei einem böhmischen, also tschechischen Pils gehört es sogar zur Stilcharakteristik, da es den weichen und milden Körper unterstützt. Produziert wird der Stoff durch die Hefe.

Wenn das Bier „stinkt“…

Lichtgeschmack klingt komisch (wie schmeckt Licht?) hat aber nichts damit zu tun wie Licht schmeckt, sondern woher der Fehlgeschmack stammt. Er entsteht bei durchsichtigen und hellgrünen Flaschen, wenn sie länger der UV-Strahlung des Sonnenlichtes ausgesetzt waren. Dabei wird ein Molekül des Hopfens zerstört und es entsteht dieselbe Verbindung, aus der das Dufthormon des Stinktieres besteht. Deshalb wird auch umgangssprachlich vom „Skunk-Flavour“, also vom Stinktier-Aroma gesprochen.

Wenn das Bier nach „Gletschereis-Bonbon“ schmeckt…

Isoamylacetat ist ein Ester, welcher von der Hefe produziert wird und bei bayerischen Weissbieren das typische Bananenaroma bildet. Es ist in allen Bieren vorhanden, allerdings in einer so schwachen Konzentration, dass das Aroma nicht wahrgenommen wird. In noch höherer Dosis schlägt der Geschmack in Gletschereis-Bonbon um. Man findet ihn ab und an in Bock oder Doppelbock-Bieren.

Wenn das Bier ans Spital erinnert…

Apothekergeschmack, fachlich auch Chlorphenol genannt riecht und schmeckt nach Krankenhaus oder Zahnarztpraxis, stammt von Rückständen chlorhaltiger Reinigungsmittel oder gechlortem Wasser, das verwendet wurde und ist in jedem Bierstil ein Fehler. Immer. Pfui.

Wenn das Bier nach Käsefüssen riecht…

Isovaleriansäure riecht käsig, schlimmstenfalls sogar nach Käsefüssen. Dieser Off-Flavour stammt von altem, oxydiertem Hopfen. In einer kleiner Konzentration schmeckt das Ganze tatsächlich nur nach altem Hopfen und lässt sich in belgischen Geuzen oder Lambics ausmachen. Nicht als Fehler, sondern absolut stiltypisch.

Wenn das Bier nach nassem Papier schmeckt…

Nonenal nennt man einen generellen Bierfehler, der nach nassem Papier oder Karton riecht und schmeckt. Hervorgerufen wird er durch unsachgemässe Lagerung bei zu hohen Temperaturen. Dieser Fehler wird vor allem bei hellen, leicht gehopften Bieren wahrgenommen und gehört in keinen Bierstil.

Wenn das Bier nach Katzenklo riecht…

Oxidation ist das, was stattfindet, wenn ein Bier altert. Im Anfangsstadium wird es noch als Holunder oder Johannisbeere wahrgenommen und kann sogar angenehm erscheinen. Schnell kann es aber kippen und das Ganze riecht nach Katzenurin. Pfui.

Wenn das Bier an Dosengemüse erinnert…

DMS (Dimethylsulfid) ist ein Ester der Hefe. Es riecht nach Dosengemüse, Mais oder Sellerie. In geringer Konzentration tragen diese Aromen bei hellen Lagerbieren einen positiven Effekt zum Gesamtaroma bei. Zu viel ist allerdings unangenehm.  Die Substanz entsteht bei der Malzherstellung und kann sich im Bier halten, wenn der Brauer die Würze unzureichend kocht.

Nur reklamieren, wenn man sich sicher ist

So. Nun weisst du, worauf du immer ein Bisschen achten kannst, beim Bier degustieren. Aber es ist, wie gesagt, ähnlich wie beim Wein und dem Zapfen. Wenn du ein Bier im Restaurant mit „Entschuldigung, das riecht aber nach Isoamylacetat“ zurückgehen lässt, solltest du dir schon ganz sicher sein. Es könnte nämlich sein, dass die einen Biersommelier haben…

Prost auf alle Biere, die ON-Flavour sind.

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