Wie ich mir fast ein Bier-Tattoo stechen liess

Selbst auf die Gefahr hin, dass viele nach dem Titel gar nicht mehr weiterlesen, zwischendurch muss eine kleine Off Topic-Kolumne einfach mal sein. Wobei ich natürlich trotzdem schaue, dass das Thema, in diesem Fall also Bier, doch zumindest gestreift, beziehungsweise peripher tangiert wird, wie man auf „gescheit“ sagt. Vielleicht fragt sich nun der Eine oder die Andere weshalb das Ganze? Habe ich so ein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis, oder habe ich sonst keine Freunde, denen ich meinen privaten Quatsch erzählen kann? Nun, der Grund, eine persönliche Kolumne zu verfassen, ist eher unspektakulär und simpel: Im Home-Office zu arbeiten ist gar nicht mal so einfach, wenn das Wetter so sommerlich schön ist und man aber Deadlines einzuhalten hat. Ideen für Themen hätte man genug, allerdings keine, über deren Thema man derart supertoll Bescheid weiss, dass man nichts recherchieren müsste und man mal eben so einen richtig kompetenten 750-Worte-Artikel aus dem Ärmel schütteln könnte. Also greift man zu dem Trick, selbst Erlebtes zu beschreiben und da sind wir nun.

Ein Bier Tattoo, aber was?

Seit Jahren höre ich von meinem Tätowierer immer wieder: „Ralf, ich würde dir so gerne mal ein Bier-Tattoo machen.“ Und ich dann immer so: „Hmmm… Ich wüsste wirklich nicht was.“ Hopfen und Gerste sind ziemlich abgedroschen und einfach ein Bier ist mir viel zu plump. „Ja, irgendwas Verrücktes halt, lass dir mal was einfallen.“ sagt er dann und das Thema ist damit, bis zum nächsten Mal, vom Tisch. Dann überlege ich jeweils ein paar Tage, bis ich zum Schluss gelange, doch kein Bier-Tattoo zu wollen. All meine Tattoos sind, ein Band-Logo mal ausgenommen, völlig bedeutungslos. Nie würde ich mir irgendwelche Namen, Daten oder andere bedeutungsschwangere Symbole stechen lassen. Und irgendetwas mit Bier? Entschuldigung wie bescheuert ist das denn? Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sich ein Buchhalter einen Bundesordner tätowieren lässt oder den aktuellen Steuerfuss. Also bitte…

Das erste Wort „Bier“

Doch dann passierte es. An einem ruhigen Sonntag, denn an ruhigen Tagen widmen wir uns im Laden Arbeiten, die etwas liegen geblieben sind in der hektischen Zeit. Und so entschied ich mich die neuen Karten der Serie „Hast Du gewusst, dass…“, die wir in den Filialen aufhängen, auszuschneiden. Es waren so an die 200 Stück und da es wie gesagt ruhig war und mich Bierwissen fasziniert, las ich natürlich auch jede einzelne von diesen Karten. Und da sprang es mir plötzlich ins Auge: Dieses Bild:

Das faszinierte mich nun sofort. Diese Rune soll den Begriff „Bier“ in sumerisch darstellen. Sensationell. Das ist es. Mein nächstes Tattoo-Motiv! In der Pause begann ich zu googeln, aber es liess sich absolut nichts finden. Seltsam. Wo hatte die Person, die uns die Karten machte, das her? Stimmt das überhaupt? Ich brauchte eine Quelle. Ich schrieb ein Mail und bekam prompt eine Antwort. Das Bild wurde selbst abgezeichnet und zwar aus einem seriösen Bier-Buch. Fotos bekam ich netterweise direkt zugeschickt.

Solcher Unfug wird mit Touristen getrieben

Nun gibt es ja diverse witzige Stories von Touristen, die sich in Asien ein „bedeutungsvolles“ Tattoo haben stechen lassen. Dummerweise hat sich der Tattoo-Artist aber einen Scherz erlaubt und so bekamen einige Touris anstatt „Glaube, Liebe, Hoffnung“ den Satz „Dummer fetter Tourist“, oder anstelle „Gib niemals auf“ „Ente süss sauer“ in der entsprechenden Landessprache verpasst. Da ich aber eine solche Blamage vermeiden wollte, musste ich 100% sicher sein, dass die Rune wirklich BIER auf sumerisch hiess und nicht ein Kochrezept für Hühnersuppe.

Doch kein Bier Tattoo

Ich druckte es mir ein paarmal in verschiedenen Grössen aus und trug es monatelang in meinem Portemonnaie mit mir herum, damit ich es mehrmals täglich ansehen konnte. Ich brachte es beim nächsten Tattoo-Termin mit und zeigte es dem Künstler. Er fand es auch gut und wie ich wahnsinnig originell. Allerdings wurde in dieser Sitzung fast den ganzen Tag an zwei Dritteln eines Armes mit einem anderen Tattoo gearbeitet. Und zwar in einem sehr aufwändigen Stil, der gefühlt ewig dauerte. Kurz: Wir wurden nicht fertig. Der Arm wurde sehr schön und zwei Monate später, als alles komplett verheilt war und ich immer noch alles wunderschön fand, merkte ich, dass diese Rune jetzt sowohl stilistisch als auch von der Grösse her gar nicht mehr an die vorgesehene Stelle passen würde. Sowohl kleiner als auch grösser gefällt mir diese Rune jetzt nicht mehr und so kam dann später halt doch etwas anderes an die freie Stelle.

Wer tätowiert sich das Zeichen für Bier?

Unterdessen bin ich mir wirklich sicher, dass ich meinen Tattoo-Artisten nächstes Mal wohl enttäuschen werde, denn irgendetwas mit Bier kommt wohl nie auf meinen Arm. Aber wenn, dann wäre es dieses Motiv gewesen. Ich finde die Idee immer noch sensationell: Das Wort „Bier“ in der Sprache derer, die das Bier so quasi erfunden haben. Und ja, ich weiss, dass das nicht zu hundert Prozent beweisbar ist, aber es ist eine schöne Geschichte, eine gute Idee und hundertmal besser als „Ente süss-sauer“ auf Chinesisch.

Und somit stelle ich meine Tattoo-Idee zur freien Verfügung. Jede oder jeder, der oder die mir so ein Tattoo zeigt, bekommt ein Bier aufs Haus. Versprochen!

Prost!

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